„Wir sind heute nur hier, um euch etwas zu schenken!“
Zum grundsätzlichen Umdenken hat mich dann vor drei Jahren eine Begegnung geführt, die ich an Halloween im Haus meiner Schwiegereltern machte. Meine Schwiegereltern leben in den USA, in der Nähe von Atlanta, und sind römisch-katholisch – von daher hatte ich ohnehin mit keiner protestantischen Widerständigkeit gerechnet. Resigniert blickte ich auf den riesigen Behälter voller Süßigkeiten, die meine Schwiegermutter an die Tür stellte – in freudiger Erwartung auf all die kleinen „Trick or Treats“-Erpresser in ihren hübschen bunten Verkleidungen.
Als es schließlich wieder klingelte, geschah allerdings etwas äußerst Ungewöhnliches: Meine Schwiegermutter wurde ihre Süßigkeiten nicht los! An der Tür stand eine freundliche schwarze Lady mit zwei verkleideten Kindern, die ein Lied sangen. Das Mädchen erklärte daraufhin, sie wolle uns gerne etwas schenken. Dann reichte sie uns lächelnd einen gefüllten Beutel und verabschiedete sich mit: „God bless you!“ Bevor sie entschwanden, konnten wir noch erfahren, dass sie von einer South Baptist Church kamen. Aber sie weigerten sich ganz entschieden, irgendetwas entgegenzunehmen. „Wir sind heute nur hier, um euch etwas zu schenken!“
In dem Beutel fanden wir dann verschiedene nützliche Kleinigkeiten, aber mit einer eindeutigen Botschaft. Auf einem Kühlschrankmagneten in Kürbisform stand: „God loves you!“; ein Lesezeichen vermittelte, wie man das Aushöhlen eines Kürbis mit passenden Bibelstellen verbunden, zu einer persönlichen Meditation gestalten konnte; ein anderer großer Kühlschrankmagnet enthielt eine Liste mit Notrufnummern – mit ausgefüllten Zeilen (Polizei, Feuerwehr, Psalm 50,51) und zum selber Ausfüllen (Hausarzt, Pastor, Kirchengemeinde) sowie einem kurzen Gebet; ein Notizblock in Kürbisformat mit einem Bibelvers, ein Rezept für ein glückliches Leben (mit biblischen Zitaten), ein Kugelschreiber mit dem Namen der Kirchengemeinde; auch einige Bonbons lagen darin. Irgendwo tauchte der Begriff Reformation auf, aber daran kann ich mich nicht mehr so genau erinnern: Zu stark war der Eindruck entgegen aller Erwartung etwas geschenkt zu bekommen, ohne irgendeine Gegengabe. Wir waren total begeistert!